Antikriegstag 2023 in Walkenried
„Tag für den Frieden“ in Walkenried schlägt Brücke zwischen gestern und heute
„Nie wieder Krieg!“ heißt es auf dem Plakat recht energisch, jedoch unmittelbar gefolgt von der Frage „Nie wieder Frieden?“. Und in der Tat hat es seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs auf der Welt kein Jahr mehr gegeben, in dem nicht irgendwo ein Krieg getobt hätte, der wie stets nicht nur militärische Opfer gefordert, sondern auch unendliches Leid über die Zivilbevölkerung gebracht hat. Und seit mehr als einem Jahr ist der Krieg nach Europa zurückgekehrt. Viele Menschen aus der Ukraine haben seither im Südharz Aufnahme und Betreuung gefunden.
Das war nach 1945 nicht anders. Der kleine Ort Walkenried mit knapp 2.000 Einwohnern war in der Lage, zeitweise 1.000 Flüchtlinge und Vertriebene aufzunehmen. Viele blieben, woran Begriffe wie „Schlesiersiedlung“ noch erinnern. Jedoch die Erinnerung verblasst zusehends.
Der Südharz ist aber auch wie kaum eine andere Landschaft geprägt von den furchtbaren Untaten, die die Diktatur des Nationalsozialismus über die Menschen gebracht hat. Vom KZ Dora über das KZ Ellrich-Juliushütte bis hin zu den Lagern der Arbeiter für den Bau der Helmetalbahn reiht sich ein Gedenkort an den anderen. Und nach 1945 brachte die Zonengrenze als unmittelbare Kriegsfolge über 40 Jahre lang viel Leid mit sich. Hier trafen während des „Kalten Krieges“ die Ideologien aufeinander. Aber das Wunder der Grenzöffnung 1989 zeigt auch, dass man Diktatur und Kriegsdrohung überwinden kann, wenn man es will.
„Zeichen setzen gegen den Krieg gehört zu den wichtigsten Aufgaben eines Gemeinwesens“ sagt Michael Heuer, der preisgekrönte Filmemacher aus Hannover, „aber Menschenverachtung, Ausgrenzung und fehlender Anstand erschweren unser Zusammenleben ja längst grundsätzlich. Auch da ist solidarisches Handeln gefordert.“ Seit seinem Film über die „Kinder des 20. Juli“ ist er oft auf Spurensuche im Südharz gewesen. Sein Wunsch war es auch, nach Bad Sachsa 2022 nun auch in Walkenried einen „Antikriegstag“ ins Leben zu rufen. Michael Reinboth vom Verein für Heimatgeschichte war sofort bereit, ihn hierbei zu unterstützen, denn der Geschichtsverein bemüht sich seit langem, die Erinnerung an die Ereignisse zwischen 1933 und 1953 in und um Walkenried wach zu halten. Andere schlossen sich spontan an, so dass die Veranstaltung von 10 bis 21 Uhr an drei Orten stattfinden kann: Dem Klostervorplatz, dem Jagdschloß mit seinem schönen Park und dem Saal der evangelischen Kirchengemeinde Walkenried. Das vielfältige Spektrum wird zunächst von ukrainischen Flüchtlingen gestaltet, aber auch Musikerinnen und Musiker aus Hannover, Berlin und München treten auf, wie das Duo Estrellas und Dirk Steglich und Sven Hinse (Saxofon und Kontrabaß). Der Spielmannszug Walkenried ist mit dabei, weiße Tauben werden aufsteigen, und der international bekannte Fotograf Robin Hinsch gibt einen Einblick in seine aktuellen Begegnungen in der Ukraine. Eine Lesung widmet sich den Erinnerungen eines belgischen Überlebenden des KZ Juliushütte. Friedenslieder und Schulprojekte ergänzen die Veranstaltung. Der Programm-Flyer wird in Kürze erhältlich sein.
Die Veranstaltung ist in diesem Rahmen nur möglich, weil sie vom Landkreis Göttingen im Rahmen der „Partnerschaft für Demokratie am Harz“ mit Mitteln des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ gefördert wird. „Es ist notwendig, sich dem Thema Flüchtlinge zu widmen und zugleich stets die Erinnerung zu schärfen, dass Krieg und Gewalt zu allen Zeiten auch im Südharz viel Leid über die Menschen gebracht haben“, erklärt Michael Reinboth, „Deswegen freuen wir uns, dass der Landkreis Göttingen sofort bereit war, die Idee des Tages für den Frieden zu unterstützen“ führt Michael Reinboth aus. Der „Antikriegstag“ wird auch mit Mitteln des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. und von der Initiative „Partnerschaft für Demokratie im Altkreis Osterode“ unterstützt. Der Verein für Heimatgeschichte ist Träger der Veranstaltung und zeigt damit einmal mehr, dass die Palette seiner Themen weit über die Beschäftigung mit dem Kloster hinausgeht. Er legt aus diesem Anlass auch ein Merkblatt zu Walkenrieder Gedenkorten auf. „Wichtig war es für uns aber auch, dass Bürgermeister Lars Deiters sich bereiterklärt hat, die Schirmherrschaft über die Veranstaltung zu übernehmen.“